Sarek – Wildnis im Norden Europas

Man muss auch umkehren können…

Chronologie einer missglückten Wanderung

Juni/Juli 2013

Der Sarek wird oft als letzte Wildnis Europas bezeichnet. Um den 67.Breitengrad und somit oberhalb des Polarkreises gelegen ist er neben dem Padjelanta der bekannteste Nationalpark in Schwedisch-Lappland. Während der Padjelanta von gut begehbaren Wanderwegen durchzogen und mit Hütten ausgestattet ist, bleibt der Sarek jenen vorbehalten, die bereit sind, einen schweren Rucksack mit allem, was man zum Leben braucht, durch die Gegend zu schleppen. Wege sind, wenn überhaupt, nur rudimentär vorhanden, und Hütten wird man vergebens suchen – von einfachen Unterständen der Rentier-Züchter einmal abgesehen.

Ende Juni 2013 brechen wir zu viert auf, um eine kleine Runde durch den Sarek zu drehen. Außer mir sind Andreas, Michael und Ludwig mit von der Partie – gemeinsam waren wir das letzte Mal vier Jahre zuvor in Hornstrandir im Nordwesten Islands unterwegs. Wir haben diesmal leider insgesamt nur zehn Tage zur Verfügung, es kann also lediglich eine „Schnuppertour“ durch den Sarek werden, für den man normalerweise wenigstens drei Wochen veranschlagen sollte.

Alle äußeren Umstände sind diesmal gegen uns. Als wir am Abend des ersten Tages in Kiruna ankommen, müssen wir feststellen, dass Andreas‘ Rucksack in Stockholm liegengeblieben ist. Wir werden ihn erst zwei Tage später unserer ohnehin schon knapp bemessenen Zeit in Empfang nehmen können. Da der Rucksack aber unverzichtbare Ausrüstungsgegenstände enthält, sind wir gezwungen, auf ihn zu warten.

Die Fluggesellschaft SAS ist erst nach eindringlichem Insistieren bereit, uns wenigstens ein Taxi zu spendieren, das uns an den geplanten Ausgangsort, die kleine Siedlung Suorva, bringt. Im Nachhinein erweist sich Suorva nicht unbedingt als der günstigste Einstiegspunkt in den Sarek. Offenbar wenig begangen verfehlen wir gleich am ersten Tag den richtigen „Weg“ und müssen uns durch einen fast undurchdringlichen Birkenwald nach oben kämpfen. Und der schwere Rucksack tut sein Bestes, uns daran zu hindern. Zudem fängt es am Abend an, in Strömen zu regnen. Gepaart mit einem kräftigen Sturm wird uns der Regen für die nächsten 36 Stunden treu bleiben.

Die nächste Etappe hält vor allem sumpfiges, von widrigem Weidengestrüpp durchsetztes Gelände für uns bereit. An die Mücken, die jeden ungeschützten Körperteil gnadenlos überfallen, haben wir uns mittlerweile zähneknirschend gewöhnt. Am Ende dieses Tages erkennen wir, dass die uns noch zur Verfügung stehende Zeit nicht mehr ausreichen wird, die geplante Runde zu absolvieren. So beschließen wir, am nächsten Tag umzukehren, eine schwere, aber vernünftige Entscheidung.

Zurück in Kiruna, einer durch den Eisenerzbergbau geprägten Stadt, besuchen wir ein Bergwerk der Minengesellschaft LKAB. Die Mine ist das größte Eisenerzbergwerk der Welt. Und Kiruna muss Stück für Stück dem Eisenerz weichen. In einem langfristig angelegten Plan wird die Stadt nach und nach umgesiedelt.

Trotz aller widrigen Umstände war unsere missglückte Tour durch den Sarek ein Erlebnis. Und sie hat uns gezeigt, dass nicht alles planbar ist, dass das Umkehren-Können gelegentlich auch dazugehört. Vielleicht kommen wir ja irgendwann zurück in den Sarek und haben dann mehr Glück…